9.19 € Mindestlohn – zur praktischen Umsetzung

Seit dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland ein einheitlicher, gesetzlicher Mindestlohn, den der Gesetzgeber auf 8.50 € festgesetzt hat. Das Gesetz zielt darauf ab, tarifliche Regelungen auf alle Arbeitgeber einer Branche zu erstrecken. Mit dem Mindestlohngesetz hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des aktuellen Mindestlohns. Unabhängig davon, ob sie befristet oder unbefristet, sowie in Voll- oder Teilzeit beschäftigt werden. Der Mindestlohn gilt auch für geringfügig und kurzfristig Beschäftigte. Ebenso macht das Mindestlohngesetz keine Ausnahme für Arbeitnehmer, die aufgrund ihres Alters einen Anspruch auf Altersrente erlangt haben. Man könnte annehmen, dass das Mindestlohngesetz folglich alle miteinbezieht. Doch wird es in den nächsten Jahren noch weitere Änderungen geben und werden Praktikanten auch vollständig berücksichtigt werden? 

Wie wird die Höhe des Mindestlohns festgelegt?

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2015 betrug die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns genau 8,50 € brutto „je Zeitstunde“. Er wurde im Laufe des Jahres 2016 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 angepasst. Die Anpassung der Höhe des Mindestlohns und weitere Anpassungen erfolgen im 2-Jahres-Rhythmus auf Vorschlag der Mindestlohnkommission durch Rechtsverordnung der Bundesregierung. Durch die stundenbasierte Abrechnung empfiehlt sich eine stundengenaue Abrechnung anstelle eines verstetigten Monatsentgelts. Alternativ ist ein Arbeitszeitkonto schriftlich zu vereinbaren und zu führen.

Der Mindestlohn entwickelt(e) sich wie folgt:

  • Ab 1. Januar 2015: 8,50 €
  • Januar 2017: 8,84 €
  • Ab 1. Januar 2019: 9,19 €
  • Ab 1. Januar 2020: 9,35 €

Bekommen Praktikanten Mindestlohn?

Wenn der Mindestlohn für alle gilt, müssten die Verträge über unbezahlte Praktika passé sein. Praktikanten gelten in der Regel als Arbeitnehmer und haben somit Anspruch auf Mindestlohn. Im Mindestlohngesetz ist unter einem Praktikanten jemand zu verstehen, der sich für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.  

Ausgeschlossen sind hierbei Volontariate, sie gelten nicht als Praktikumsverhältnis. Ebenso Pflichtpraktika die im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie, auf Grund einer schulischen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung oder einer hochschulrechtlichen Bestimmung geleistet werden müssen. Demnach sind unbezahlte Verträge mit Praktikanten nur dann passé, wenn sie nicht durch Studium oder Ausbildung bedingt sind. Dies hat zur Folge, dass viele kleinere Unternehmen nur noch Praktikanten einstellen, die ein Pflichtpraktikum absolvieren müssen, da sie ansonsten den Mindestlohn zahlen müssten, den sich viele nicht leisten können. 

Die Bachelor- und Masterarbeit für den Mindestlohn?

Gerade in technischen Studiengängen ist eine vergütete Anfertigung von Abschlussarbeiten in Unternehmen heutzutage üblich und begehrt. Rechtlich unklar ist jedoch, ob es sich bei der Erstellung dieser Abschlussarbeiten um ein mindestlohnpflichtiges Praktikum handelt und die Bachelor- und Masterstudierenden nach Mindestlohn bezahlt werden müssen.

Ein Praktikumsverhältnis muss darauf abzielen, praktische Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit zu erwerben. Im Gegensatz dazu ist das Ziel des betrieblichen Einsatzes von z. B. Bachelor-Studenten vorrangig das Schreiben einer Studienabschlussarbeit und nicht das Erlangen praktischer Fähigkeiten für eine berufliche Tätigkeit. Orientiert man sich an dieser gesetzlichen Definition eines Praktikanten, so sind diese Rechtsverhältnisse je nach Ausgestaltung weder Praktikum noch Arbeitsverhältnis. Für sie findet das Mindestlohngesetz keine Anwendung.

Achtung: Auftraggeberhaftung beim Mindestlohn!

Um die zivile Durchsetzung der sich aus dem Mindestlohngesetz ergebenen Vergütungsansprüche für den Arbeitnehmer abzusichern, hat der Gesetzgeber entschieden, dass eine Haftungsregelung Anwendung finden soll. Danach haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, für die Verpflichtungen dieses Unternehmers,

Beispiel Baustelle:

Auf einer Baustelle beauftragt beispielsweise der Bauherr eine Baufirma um Mauern zu bauen. Diese wiederum beauftragt eine Zeitarbeitsfirma, welche Maurer engagiert, um die Mauern bauen zu lassen. Wenn die Zeitarbeitsfirma nun keinen Mindestlohn an die Maurer zahlt, dann muss der Bauherr dafür haften.

Mindestlohn: Informationen für den Arbeitgeber

Der Mindestlohn hat dementsprechend einige Änderungen mit sich gebracht. Neben dem neuen Gesetz, der neuen Kontrollen und Sanktionen, gibt es dafür doch mehr Menschen, die mit einem sicheren und geregelten Einkommen rechnen können.

Arbeitgeber, welche unsicher beim Umgang mit dem Mindestlohn sind oder ihre Erkenntnisse auffrischen möchten, informieren sich bestenfalls in der Neuauflage des BDAktuell Nr. 21 zum Thema „Mindestlohn – Gesetzliche Rahmenbedingungen und Hinweise für die Praxis“, das perfekte Dossier mit allen Informationen für Arbeitgeber mit zusätzlichen Mustertexten.

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