Gesetze und Wahlordnungen zur Wahl der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat

Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf Unternehmensebene ist fester Bestandteil der deutschen Wirtschaftsordnung. Verschiedene Gesetze, wie zum Beispiel das Mitbestimmungsgesetz oder das Drittelbeteiligungsgesetz, sind Teil des Gesellschaftsrechts. Sie stellen die Mitwirkung der Arbeitnehmer in Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung sicher. Dadurch bewährt sich ein vertrauensvolles Miteinander von Arbeitgebern und Belegschaften, aber auch von Anteilseignern und Arbeitnehmervertretern.

Entwicklung der Arbeitnehmermitbestimmung in Unternehmen

Das System der Unternehmensmitbestimmung, also der Wahl der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat, ist das Ergebnis der National- und Sozialgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert. Nach Ansätzen der Mitarbeitermitbestimmung durch die Revolution von 1848 bestand 1916 eine erste obligatorische Mitbestimmung in kriegs- und versorgungswichtigen Betrieben mit mehr als 50 Arbeitnehmern.

Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer, nach dem Zweiten Weltkrieg, entwickelte sich vor allem in den Unternehmen der Montanindustrie der britisch besetzten Zone weiter. Zur Verhinderung einer von den Alliierten geplanten Entflechtung der Eisen- und Stahlunternehmen wurde in diesem Industriezweig eine Unternehmensmitbestimmung eingeführt. Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde die Mitbestimmung in Unternehmen der Montanindustrie durch das Montan-Mitbestimmungsgesetz geregelt. Für Unternehmen anderer Wirtschaftszweige bestimmte das bald darauf entlassene Betriebsverfassungsgesetz den Rahmen der Arbeitnehmerbeteiligung. Nach vielen Änderungen und Überlegungen trat 2002 das von Verbandsvertretern und Experten unterschiedlicher Wirtschaftszweige erzielte Mitbestimmungsgesetz in Kraft, das die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat vereinfachen sollte. Für die Unternehmensmitbestimmung in Kapitalgesellschaften mit 500 bis 2000 Beschäftigten gilt seit dem 01.07.2004 das Drittelbeteiligungsgesetz.

Mitbestimmung von Arbeitnehmern in Unternehmen durch das Mitbestimmungsgesetz

Das Mitbestimmungsgesetz, abgekürzt MitbestG, gewährleistet und regelt in Deutschland die Wahl der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat. Dieses Gesetz erfasst inländische Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit (AG, KGaA, GmbH, Genossenschaft), die in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen und nicht der Montanindustrie angehören.

Der Aufsichtsrat dieser Unternehmen ist einerseits mit der gleichen Anzahl von Vertreterinnen und Vertretern der Anteilseigner sowie andererseits der Arbeitnehmer zu besetzen. Sein Umfang hängt von der Größe des Unternehmens ab. Bei der Wahl der Arbeitnehmervertretung sind die Arbeitnehmer, die leitenden Angestellten sowie die Gewerkschaftsvertreter zu berücksichtigen, wobei Gewerkschaftsvertreter keine Mitarbeitenden im Unternehmen sein müssen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats wird aus dem Aufsichtsrat selbst gewählt. Wenn keine Einigung zustande kommt eine Einigung nicht zustande, kann der Aufsichtsrat von den Anteilseignern allein bestimmt werden. Durch das Zweitstimmrecht des Vorsitzenden in Pattsituationen ist die Handlungsfähigkeit des Aufsichtsrats gesichert.

Die Arbeitnehmer unter den Aufsichtsratsmitgliedern werden in eine Belegschaftswahl bestimmt, die sich durch ein kompliziertes Wahlverfahren auszeichnet. Dieses Wahlverfahren zur Mitbestimmung im Unternehmen ist in drei umfänglichen Wahlordnungen zum Mitbestimmungsgesetz geregelt.

Arbeitnehmermitbestimmung durch das Drittelbeteiligungsgesetz

Für Unternehmen, die in der Rechtsform einer AG, KGaA, GmbH, Genossenschaft oder eines VVaG betrieben werden, regelt das Drittelbeteiligungsgesetz die Arbeitnehmermitbestimmung. Dieses Gesetz stellt sicher, dass die Aufsichtsräte dieser Unternehmen zu einem Drittel von der Arbeitnehmerschaft und zu zwei Dritteln von den Anteilseignern des Unternehmens besetzt werden

Das Drittelbeteiligungsgesetz greift bei Unternehmen, die mehr als 500 Beschäftigte aufweisen, oder bei Aktiengesellschaften mit weniger als 500 Beschäftigten, die aber vor dem 10.08.1994 ins Handelsregister eingetragen worden sind.

Die Mitgliederzahl in den durch das Drittelbeteiligungsgesetz bestimmten Aufsichtsräten ist immer durch drei teilbar, von der Unternehmensgröße abhängig und auf eine Höchstzahl von 21 Mitgliedern beschränkt. Bei Genossenschaften dürfen wiederum unbegrenzt viele Mitglieder im Aufsichtsrat sein.

Arbeitnehmervertreter werden in einer allgemeinen, geheimen, unmittelbaren und gleichen Wahl gewählt. Dieses Wahlverfahren zur Mitbestimmung in Unternehmen ist, ähnlich wie im Mitbestimmungsgesetz geregelt, klar festgeschrieben.

Montan-Mitbestimmungsgesetz für Arbeitnehmer

Das Montan-Mitbestimmungsgesetz tritt bei Unternehmen im Bergbau oder in der Eisen- und Stahlerzeugung mit mehr als 100 Mitarbeitenden in Kraft. Diese Unternehmen müssen in der Rechtsform einer AG oder GmbH betrieben werden.

Ihre Aufsichtsräte setzen sich in der Regel aus je vier Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer, zwei weiteren Mitgliedern und einem weiteren neutralen Mitglied zusammen. Von den Vertretern der Arbeitnehmer müssen mindestens zwei in einem Betrieb des Unternehmens beschäftigt sein. Das neutrale Mitglied wird mit der Mehrheit der Stimmen aller übrigen Aufsichtsratsmitglieder, jedoch mit drei Stimmen jeder Seite, dem Wahlorgan zur Wahl vorgeschlagen. Auch wenn die Arbeitnehmervertreter hier nicht in der Mehrzahl sind, gibt es Sonderberechtigungen für sie: Als gleichberechtigtes Mitglied des Vorstands (der Geschäftsführung) ist ein Arbeitsdirektor vorgesehen, dessen Bestellung und Abberufung nicht gegen die Stimmen der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat erfolgen darf.

Arbeitnehmer im Aufsichtsrat bei grenzüberschreitender Verschmelzung

Im Fall der Arbeitnehmermitbestimmung ist die deutsche Rechtsprechung im Gegensatz zu den anderen europäischen Staaten eine Ausnahme und muss bei einer grenzüberschreitenden Fusion angepasst werden.

Dazu gibt es das Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft. Die Europäische Gesellschaft ist eine Rechtsform für Aktiengesellschaften in der Europäischen Union und wird in Gesetzestexten mit SE („Societas Europaea“) abgekürzt. Außerdem gibt es das Gesetz über „die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen“, das ebenfalls sicherstellen soll, dass die Wahl der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen weiterhin berücksichtigt wird.

Verschiedene Wahlverfahren zur Mitbestimmung im Unternehmen

Um die Mitbestimmung im Unternehmen sicher gelten machen zu können, gibt es, passend zu jedem der Gesetze, verschiedene Wahlordnungen. Diese Wahlen stellen hohe Anforderungen an die Verantwortlichen im Unternehmen und sind durch ihr kompliziertes Wahlverfahren bekannt. Darum empfehlen wir Ihnen das Praxishandbuch „Die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat“ von Thomas Prinz und Rainer Huke, in dem praxisbezogene Wahlordnungen zum Mitbestimmungsgesetz und zum Drittelbeteiligungsgesetz erläutert werden.

Gesetzessammlung zur Arbeitnehmermitbestimmung

Gesellschaftsrecht ist aufs Genauste festgeschrieben und eine der wichtigsten Säulen in der deutschen Wirtschaft. Welche Rechte hat eine Belegschaft? Ab wann gibt es das Recht auf Beteiligung im Aufsichtsrat? Die Antworten darauf sowie eine komplette Ausführung des Mitbestimmungsgesetzes, des Drittelbeteiligungsgesetzes sowie des Montan-Mitbestimmungsgesetzes und der Gesetze bei Verschmelzungen mit dem europäischen Ausland sind in der Gesetzessammlung „MitbestG und DrittelG“ von Thomas Prinz zusammengefasst und in unserem Shop erhältlich.

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